Katja Stergar

Katja Stergar

Katja Stergar studierte Komparatistik an der Universität Ljubljana. Seit November 2022 ist Direktorin der Slowenischen Buchagentur und war seit sie Gründung der Agentur im Jahr 2009 bereits Leiterin der internationalen Zusammenarbeit. Zuvor war sie als Lektorin und Redakteurin tätig und ist darüber hinaus als Literaturkritikerin und Leseförderin aktiv. Seit 2010 ist sie Vertreterin der Agentur im Traduki-Netzwerk. Von 2019 bis 2022 leitete sie das europäische Projekt Every Story Matters in Slowenien und seit 2019 das Projekt Slowenien, Ehrengast der Buchmesse 2024 in Bologna.

Was plant Slowenien als Ehrengast der FBM für das literarische Jahr 2023?

Wir werden Slowenien als ein Land der Vielfalt in den Bereichen Literatur, Kunst, Gastronomie und Natur vorstellen. Wussten Sie, dass rund zwei Millionen Menschen Slowenisch sprechen und dass es mehr als 30 Dialekte gibt? Slowenien liegt am Schnittpunkt der Kulturen und Sprachen, zwischen den Alpen, dem Meer und dem Flachland. Seit jeher haben sich auch in diesem Bereich verschiedene Ideen gekreuzt und überschnitten. Und davon möchten wir der Welt wenigstens ein bisschen zeigen. Das ganze Jahr über werden wir im deutschsprachigen Raum stark präsent sein – unsere Kulturzentren (SKICA) in Berlin und Wien sind eine feste Größe und in diesem Jahr liegt ihr Schwerpunkt noch stärker auf dem Buch. Wir bringen mehr als 10 Autorinnen und Autoren zur Messe nach Leipzig, im Juni ist eine Tournee slowenischer DichterInnen geplant, das Ensemble Modern wird kurz vor der Messe ein Konzert slowenischer KomponistInnen zum Thema slowenische Lyrik geben, Laibach wird während der Messe in der Jahrhunderthalle das Konzert Alamut nach dem Roman von Vladimir Bartol geben. Die Kunsthalle Schirn zeigt eine Ausstellung von Maruša Sagadin und das Romantik-Museum eine Ausstellung über den Dichter France Prešeren. Slavoj Žižek wird nicht fehlen, wir werden uns bemühen, dass slowenische Filme gezeigt werden, und es wird auch eine Ausstellung von Illustrationen geben. Auf der Messe wird die Bühne auch den anspruchsvollen internationalen Themen des Verlagswesens in kleinen Ländern und der Lesekultur im Bildschirmzeitalter gewidmet sein. Viele der Veranstaltungen werden international und vernetzt sein und hoffentlich viel Aufmerksamkeit erregen.

Was sind die Highlights und Ziele?

Die Highlights sind wahrscheinlich für jeden anders, jeder hat seine eigenen Präferenzen und Vorlieben. Wir wollen mit jeder Veranstaltung die Sichtbarkeit slowenischer KünstlerInnen erhöhen, wir wollen ihnen neue Wege zu globalen Märkten eröffnen, wir wollen mit unseren originellen Stimmen und globalen Ideen in Erinnerung bleiben. Wir wollen, dass ein Vers oder ein Satz auch nach der Messe noch im Kopf nachhallt, dass man noch lange über hitzige philosophische Debatten sprechen und dass man sich der Bedeutung des Lesens im Bildschirmzeitalter bewusst wird. Wir wünschen uns, dass das Wort Slowenien Bilder der Vielfalt der Natur und der Sprachen, die unser Land ausmachen, hervorruft, oder dass Bilder von slowenischen IllustratorInnen in den Träumen der Menschen auftauchen.

Was macht die slowenische Literatur so besonders?

Wenn ich slowenische Literatur lese, weiß ich nicht, ob es ein besonderes Merkmal gibt, das sie slowenisch macht. Bei Kinderbüchern stehen die Illustrationen im Vordergrund und ich höre oft, dass unsere Bücher zu künstlerisch oder die Texte zu lang sind. Aber wir sind mit Bilderbüchern mit ausgezeichneten Illustrationen und anspruchsvolleren Texten aufgewachsen und schätzen sie daher sehr.

Manchmal glaubte ich, dass es in der slowenischen Literatur nicht viel Humor gibt und dass der Schwerpunkt der AutorInnen auf der künstlerischen Sprache und weniger auf der Geschichte liegt, aber in der modernen Literatur gibt es neben der großartigen Sprache auch Humor und tolle Geschichten. Ich finde die slowenische Literatur sehr vielfältig und reichhaltig. Es ist allgemein bekannt, dass wir in Slowenien gern Gedichte lesen. Und Kurzgeschichten, das ist auch eine Form, für die es großartige Texte gibt. Aber vielleicht habe ich damit eine typisch slowenische Sache gefunden: Viele AutorInnen schreiben sowohl für Kinder als auch für Erwachsene, Kinderliteratur ist also nicht kindisch.

Was ist ihre persönliche Leseempfehlung aus Slowenien?

Meine Empfehlungen hängen davon ab, wem ich die Bücher empfehle. Es ist gut, wenn man zumindest eine ungefähre Vorstellung vom Geschmack der Person hat, der man Bücher empfehlen möchte. Unter den Kinderbüchern möchte ich Anja Štefan Ein Haus für Hase (Baeschlin Verlag, 2022), mit Illustrationen von Hana Stupica, oder Adam und seine Tuba (NordSüd Verlag, 2022), von Žiga X Gombač und illustriert von Maja Kastelic, hervorheben. Beide verzaubern mich mit ihren Illustrationen. Unter den Geschichten für Jugendliche gibt es die schelmische Heldin von Jana Bauer: Die kleine Gruselfee (S. Fischer Verlag, 2019). Im Bereich Lyrik haben es mir Ana Pepelnik, die in der Anthologie Mein Nachbar auf der Wolke (Hanser & Deutsche Akademie) und in einem eigenen Gedichtband (Parasitenpresse) erscheinen wird, und Anja Zag Golob  Dass nicht dass nicht mehr kommen wird ... (Edition Korrespondenzen, 2022) angetan. Unter den Comics ist für mich sicherlich Samira Kentrićs Balkanalien: Erwachsenwerden in Zeiten des Umbruchs (Verlagshaus Jacoby & Stuart, 2021) am herausragendsten. Romane sind immer das Gesprächsthema schlechthin und ich gestehe, dass ich es kaum erwarten kann, bis im Herbst der Roman Angst? Ich? von Maruša Krese erscheint (S. Fischer). Er passt hervorragend zu Drago Jančars Roman Die Nacht, als ich sie sah (Folio Verlag, 2015). Auch von Drago Jančar gibt es im Herbst den neuesten Roman (Zsolnay). In einem Monat werden meine Empfehlungen aber auch schon wieder anders ausfallen, da in der Zwischenzeit mehrere neue Bücher erscheinen.

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